An der feierlichen Veranstaltung unter dem Vorsitz von Rektor Antonio Largo nahmen über 200 Gäste teil. Hans Pretzsch freut sich nicht nur persönlich sehr über den Erhalt der Ehrendoktorwürde, sondern auch über die Anerkennung seines Forschungsfeldes. „Die Forstwissenschaften sind normalerweise die `Underdogs´ der modernen wissenschaftlichen Welt, genauso wie die Agrarwissenschaften. Hier neben Persönlichkeiten aus den Bereichen Politikwissenschaft, Literatur und Physik wie Josep Borrell, Mario Vargas Llosa oder Ilya Prigogine ausgezeichnet zu werden, freut mich ganz besonders“ erläutert er in seiner Antrittsrede.
Felipe Bravo, Professor of Forest Management, Director of the SMART Global Ecosystems Chair at Valladolid und ehemaliger Präsident der Spanischen Gesellschaft für Forstwissenschaften, betonte in seiner Laudatio, dass Hans Pretzsch zu den wichtigsten Forschenden im Bereich der Forstwissenschaft des 21. Jahrhunderts zählt. „Sein akademischer Schwerpunkt liegt auf der Analyse der Muster und Prozesse von Waldökosystemen, um die Lebensqualität der Menschen zu verbessern“ erläutert Felipe Bravo. Prof. Pretzsch gelang es dabei, Wissenschaft und Praxis in einer Reihe hochrangiger Forschungsarbeiten und Veröffentlichungen erfolgreich zu verbinden, wobei er unter anderem auf seine Ressourcen an der TUM zurückgriff, so Bravo.
Aktiv in Forschung und Lehre über sechs Kontinente hinweg
„Er wurde wiederholt als einer der weltweit meistzitierten Forscher ausgezeichnet und unterstützt auch die politische Entscheidungsfindung im forstwirtschaftlichen Bereich“ hebt der Laudator hervor. Pretzschs akademische Tätigkeiten, darunter die Durchführung von Kursen, Seminaren und Forschungsprojekten, erstrecken sich über sechs Kontinente. „Besonders bedeutend sind seine Arbeiten in Osteuropa, darunter Polen, die Tschechische Republik, die Slowakei, Slowenien und Bulgarien, sowie in Australien, Süd- und Nordamerika, insbesondere in Kanada (British Columbia, Alberta und Québec) und den USA (Arizona, Pennsylvania und Connecticut). In Asien hat er in China und Vietnam, in Afrika in Südafrika und schließlich in Europa in Spanien gearbeitet, wo er mit Gruppen des CSIC in Madrid und der Universität Valladolid zusammenarbeitet. Die Inspiration, der Antrieb und die Koordination von Professor Pretzsch führten zur Schaffung des ersten Beobachtungsnetzwerks für Mischwälder in Europa, das durch seine Zusammenarbeit mit einem breiten Netzwerk von Forschenden aus nahezu allen europäischen Ländern ermöglicht wurde.“ zählt der Laudator Felipe Bravo die vielfältigen internationalen Projekte des Emeritus of Excellence der TUM auf.
Förderung der Vielfalt auf pflanzlicher Basis
In seiner Lectio Magistralis behandelte Hans Pretzsch das Thema „Integrative Ecosystem Management through the Diversification of Structure and Tree Species“. Am Vortag des Festaktes fand unter der Anwesenheit von Professor Pretzsch ein internationales wissenschaftliches Symposium zum Thema „Promoting Diversity in Plant-Based Ecosystems as Tool for Ecosystem Services Provision“ statt.
Zur Person: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Pretzsch
Hans Pretzsch, geboren 1957 in Düsseldorf, studierte von 1977 bis 1982 Forstwissenschaft und Biostatistik an der Ludwig-Maximilians-Universität München und Albert-Ludwigs-Universität Freiburg mit dem Abschluss als Diplom-Forstwissenschaftler. Nach seiner Promotion an der LMU München 1985 war er dort als Forschungsassistent ebenfalls an der Fakultät für Forstwissenschaft tätig. Von 1989 bis 1992 folgte die Habilitation mit venia legendi in den Fächern „Waldwachstum, Biometrie und Modellbildung“. Ab 1992 war er Leiter des Sachgebiets für Waldwachstum an der Nordwestdeutschen Forstlichen Forschungsanstalt in Göttingen. Seit 1994 war er Leiter des Lehrstuhls für Waldwachstumskunde erst an der Ludwig-Maximilians-Universität München, dann an der Technischen Universität München, wo er im September 2023 als Emeritus of Excellence in Ruhestand ging.
Seine Forschungsschwerpunkte umfassen die Wuchsgesetzmäßigkeiten in Rein- und Mischbeständen auf Baum und Bestandsebene, Baum- und Bestandswachstum unter Stress sowie die modellhafte Abbildung von Prozessen und Strukturen. Seine Beiträge zur Mischbestandsforschung und Entwicklung und Etablierung von Waldwachstumsmodellen in Wissenschaft und Praxis sind richtungsgebend. Hans Pretzsch fördert zudem den konsequenten Ausbau des traditionsreichen bayerischen Versuchsflächennetzes, insbesondere im Hinblick auf Baumartenmischungen, und treibt die skalenübergreifende, integrierende Erforschung des Waldwachstums voran, die vom Blatt über den Baum bis hin zum Bestand und von der Landschafts- bis zur urbanen Ebene in einer sich wandelnden Umwelt reicht.