Erarbeitet wurde die Studie unter anderem von Martin Wiesmeier, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Bodenkunde der TUM in Zusammenarbeit mit dem Erstautor Dr. Gerrit Angst vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und weiteren Forscher:innen der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und der Universität Kopenhagen.
Böden als Kohlenstoffspeicher zu erhalten und zu vergrößern ist ein zentrales Anliegen von Bodenmanagement. Im Gegensatz zu Kohlenstoff in teilweise abgebauten Pflanzenresten, der als labil angesehen wird und nur einige Tage bis Jahre im Boden verbleibt, wird an Bodenmineralen gebundener Kohlenstoff hierbei oft als potentielles Ziel von Maßnahmen gesehen. Dieser stabile Kohlenstoff kann im Boden für Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende verbleiben. Eine alleinige Fokussierung auf diesen stabilen Kohlenstoff ist allerdings problematisch, da verschiedene Umweltbedingungen dazu führen können, dass Maßnahmen, die auf diesen Kohlenstoff abzielen ineffizient sind. Wir haben aktuelle Literatur zusammengetragen und waren überrascht, wie sehr stabiler Kohlenstoff dort hervorgehoben wird, obwohl eine undifferenzierte Betrachtung dieses Kohlenstoffs ein sachkundiges und gezieltes Management von Böden verhindert. Wir haben deshalb mit unserem internationalen Autorenteam aus Deutschland, den USA, und Dänemark einen konzeptionellen Rahmen entworfen, der auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert und die Diversität sowie die Komplexität von Böden berücksichtigt. Nur so lässt sich das Management von Böden effektiv gestalten.
Das Konzept betont besonders die Wichtigkeit von labilem, in teilweise abgebauten Pflanzenresten enthaltenem Kohlenstoff. Dieser kann, je nach Umweltbedingungen, ein sinnvolles Ziel von Maßnahmen sein. Zum Beispiel ist die Kapazität von einigen Böden stabilen, mineral-assoziierten Kohlenstoff zu speichern, sehr begrenzt. In manchen Böden herrschen auch Bedingungen, die ungünstig für den Aufbau von stabilem, aber günstig für den Aufbau von labilem Kohlenstoff sind. Maßnahmen, die labilen Kohlenstoff erhöhen und dafür sorgen, dass die Gehalte dieses Kohlenstoffs konstant bleiben, werden hier die Kohlenstoffspeicherung nachhaltiger beeinflussen als Maßnahmen, die auf stabilen Kohlenstoff abzielen. Wir können nicht stark genug betonen, wie wichtig es ist, die jeweiligen Umweltbedingungen in das Management von Böden als Kohlenstoffsenken mit einfließen zu lassen. Diese bestimmen nämlich, ob labiler, stabiler, oder beide Arten von Kohlenstoff das Ziel von Maßnahmen sein sollten.
Wir gehen davon aus, dass Managementstrategien, die mit Hilfe des neuen konzeptionellen Rahmens entworfen werden, die Kohlenstoffspeicherung im Boden maximieren und Synergien mit verwandten Managementzielen erzeugen, wie z.B. Bodengesundheit, Bodenbiodiversität und Ernteerträgen. Nur, wenn wir Böden als ein komplexes und ganzheitliches System mit spezifischen chemischen, biologischen und physischen Eigenschaften betrachten, können wir sie erfolgreich und nachhaltig in einer sich schnell ändernden Umwelt managen.
Link zur Original-Pressemitteilung der iDIV:
https://www.idiv.de/de/news/news_single_view/5151.html
Originalveröffentlichung
Angst, G., Mueller, K.E., Castellano, M.J., Vogel, C., Wiesmeier, M., Mueller, C.W. (2023): Unlocking complex soil systems as carbon sinks: multi-pool management as the key. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-023-38700-5
Wissenschaftlicher Kontakt:
PD Dr. Martin Wiesmeier
TUM School of Life Sciences
Lehrstuhl für Bodenkunde
martin.wiesmeier(at)tum.de
Redaktion:
Susanne Neumann
TUM School of Life Sciences
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit