"Ich fühle mich sehr geehrt, diesen prestigeträchtigen Preis der EASO (European Association for the Study of Obesity) zu erhalten", so der Ernährungsmediziner Hauner, der auf jahrzehntelange Forschungsarbeit auf diesem Gebiet zurückblicken kann: Bereits seit seinem Medizinstudium ist er fasziniert von der komplexen Regulation des menschlichen Stoffwechsels. Besonders interessiert ihn, wie der menschliche Körper Nährstoffe auswählen und nutzen kann und wie diese die menschliche Gesundheit beeinflussen.
Im Jahr 1987 hat der Ernährungsmediziner zum ersten Mal die In-vitro-Differenzierung menschlicher Adipozytenvorläufer beschrieben. Durch Optimierung der Kulturbedingungen für menschliche Zellen gelang es ihm eine Methode zu entwickeln, welche in der Adipositasforschung immer noch weit verbreitet ist.
Mit Hilfe der leistungsstarken, neuen Technologie der genomweiten Assoziationsstudien konnten zwischenzeitlich zahlreiche neue genetische Loci in Bezug auf Krankheiten und andere Phänotypen entdeckt werden. Hier gelang es dem Wissenschaftler mit seinem Team und seinen Kooperationspartnern facettenreiche Erkenntnisse hinsichtlich der Charakterisierung genetischer Varianten für Adipositas und Diabetes zu gewinnen und entsprechend in Fachzeitschriften wie Cell und NEJM zu veröffentlichen.
Neben diesen grundlagenwissenschaftlichen Fragestellungen interessierte er sich auch für klinische Ernährungsforschung und führte während seiner Tätigkeit am EKFZ auch verschiedene Interventionsstudien durch.
Bei der GeliS-Studie, die von der Else Kröner Fresenius Stiftung gefördert wird, sollte beispielsweise untersucht werden, inwiefern eine übermäßige Gewichtszunahme während der Schwangerschaft bzw. Adipositas bei Kindern durch Lebensstilberatung vermieden werden kann (Ergebnisse unter anderem veröffentlicht unter BMC Medicine 2019). Weitere Einblicke in seine Studien zu vielen verschiedenen Themen im Zusammenhang mit Adipositas bzw. die wichtigsten Ergebnisse seiner Forschung erhalten Sie hier.
Angesichts der zu beobachtenden nationalen Adipositasentwicklung gibt der Wissenschaftler zu bedenken, dass nicht nur Kinder betroffen sind, sondern die Gesellschaft an sich. Er geht davon aus, dass die Adipositas-Epidemie nicht gestoppt werden kann, wenn die Menschen nicht in der Lage sind, ihren Lebensstil rund um den Globus zu ändern. Grundlegende Änderungen sind aus seiner Sicht erforderlich, um Ernährung und Lebensstil auf gesellschaftlicher Ebene zu verbessern und verantwortungsvoller zu gestalten. Insbesondere das Angebot an hochverarbeiteten Lebensmitteln und energiereichen Getränken sowie der allgemeine Mangel an körperlicher Aktivität im täglichen Leben sieht er kritisch und hofft, dass der Vorstoß der Klimaschutzinitiativen auch eine Debatte darüber ermöglichen wird, wie wir essen und was wir essen.
Weitere Informationen zum Friedrich-Wassermann-Preis:
Prof. Dr. med. Friedrich Wassermann: (*13. August 1884 in München; † 16.Juni 1969 in Chicago, Illinois) war gebürtiger Münchner, stammte aus einer wohlhabenden jüdischen Familie, studierte in München Medizin und erhielt in relativ jungen Jahren einen Lehrstuhl in Anatomie an der LMU. 1926 beschrieb er als Erster das Fettgewebe als eigenes Organ. Unter der Nazi-Herrschaft verlor er seine Position, eigentlich gegen den Widerstand seiner Kollegen, und emigrierte 1938 in die USA, wo er seine Arbeiten an der University of Chicago fortsetzte. Sein wichtigster Schüler, ebenfalls ein emigrierter Bayer namens Franz-Xaver Hausberger, setzte diese Arbeiten fort und beide zusammen waren unter den ersten, die dann mit physiologischen Studien zur Fettzellfunktion begannen, was damals sehr innovativ war (Zellkulturmethoden gab es noch nicht).
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Prof. Dr. med. Hans Hauner
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Lehrstuhl für Ernährungsmedizin
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