Allein in Afrika sind laut Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft mehr als 250 Millionen Menschen unterernährt. Besonders hart betroffen sind Säuglinge und Kinder. „Studien belegen, dass die Zugabe von täglich einem Ei zur Beikost dazu beitragen kann, die Häufigkeit von Untergewicht bei älteren Säuglingen um 74 Prozent zu verringern sowie dem sogenannten ‚Stunting‘-Effekt entgegenzuwirken“, sagt Veronika Somoza, Direktorin des Leibniz-Instituts für Lebensmittel-Systembiologie an der Technischen Universität München (LSB) und Professorin für Nutritional Systems Biology an der TUM School of Life Sciences.
Eipulver eine preiswerte Alternative?
In Gebieten, in denen eine Mangelernährung zum Alltag gehört, sind Eier jedoch kaum verfügbar. Preiswertes Eipulver könnte daher eine Alternative sein. Aufgrund seines minimalen Wassergehaltes verfügt es über eine deutlich längere Haltbarkeit sowie eine relativ hohe Nährstoffdichte. Zudem ist es im Vergleich zu Eiern leichter zu lagern und zu transportieren, und es lässt sich Lebensmitteln leicht beimengen. Dies macht es als potenzielles Nahrungsergänzungsmittel interessant.
Trotz seiner weitverbreiteten industriellen Nutzung war jedoch bislang nur wenig über dessen Nährstoffqualität bekannt. Um diese Wissenslücke zu schließen, führte das Team um Prof. Veronika Somoza eine umfangreiche Vergleichsstudie durch. In dieser bestimmte es mit modernsten lebensmittelchemischen Analysemethoden die Nährstoffprofile von jeweils drei industriell hergestellten, pasteurisierten Vollei-Chargen und drei aus diesen Chargen produzierten Eipulver-Proben. Anschließend verglich es die ermittelten Nährstoffprofile auf Basis der Trockenmasse.
Eipulver nicht durch Schwermetalle belastet
„Wie unsere Analysen ergaben, führte der Trocknungsprozess nicht zu einer Anreicherung der Schwermetalle Cadmium, Blei, Arsen und Quecksilber“, berichtet Dr. Philip Pirkwieser, Chemiker am LSB und Erstautor der Studie. Zudem beobachtete das Forschungsteam keine oder nur geringe Einbußen hinsichtlich des Gesamtfettgehalts, des Gehalts an essenziellen Aminosäuren, wichtiger Spurenelemente oder Carotinoide. Ebenso blieben die Vitamin-E- (alpha- und gamma-Tocopherol) und Vitamin-B12-Konzentrationen nahezu konstant. Allerdings ging der Gehalt an Vitamin A (Retinol) um 14 Prozent zurück. Die Menge an lebensnotwendigen Omega-6- beziehungsweise Omega-3-Fettsäuren verringerte sich sogar deutlich um durchschnittlich 39 beziehungsweise 61 Prozent.
„Trotz des geringen Retinol-Verlustes ist Eipulver eine wertvolle Vitamin-A-Quelle. Insbesondere afrikanische Regionen südlich der Sahara könnten hiervon profitieren. Denn ein Vitamin-A-Mangel ist dort weit verbreitet und führt zu einer hohen Prävalenz von Sehstörungen“, erklärt Veronika Somoza. Eine tägliche Aufnahmemenge von Eipulver, die einem mittelgroßen Ei entspricht, reiche aus, um den Tagesbedarf eines Kindes je nach Alter für Vitamin A zu 24 Prozent, für Vitamin E zu 100 Prozent, für Selen zu 61 Prozent und für Zink zu 22 Prozent zu decken. Das sei sehr positiv. Würde es gelingen, den Gehalt an essenziellen Fettsäuren und Vitamin A zu erhöhen, ließe sich das große Potenzial von Eipulver als Nahrungsergänzungsmittel voll ausschöpfen, sagt Prof. Somoza weiter. Ein Weg könne sein, dies durch Hühnerfutter zu erzielen, das mit diesen Fettsäuren und Vitaminen angereichert ist.
Publikation:
Pirkwieser, P., Grosshagauer, S., Dunkel, A., Pignitter, M., Schneppe, B., Kraemer, K., and Somoza, V. (2022). Evaluation of spray-dried eggs as a micronutrient-rich nutritional supplement. Frontiers in Nutrition 9. DOI: 10.3389/fnut.2022.984715. www.frontiersin.org/articles/10.3389/fnut.2022.984715/full
Redaktion:
Dr. Gisela Olias
Technische Universität München
Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie
Tel.: +49 8161 71 2980
g.olias.leibniz-lsb(at)tum.de
Wissenschaftlicher Kontakt:
Prof. Dr. Veronika Somoza
TUM School of Life Sciences
Direktorin des Leibniz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie
Professur für Nutritional Systems Biology
v.somoza.leibniz-lsb(at)tum.de