Die Jury hatte es beim Wissenschaftspreis der Stadt Freising auch in diesem Jahr nicht leicht Oberbürgermeister Eschenbacher: „Erfreulicherweise wurden viele gute Vorschläge eingereicht.“ Auf Anraten der Preisjury habe sich der Stadtrat dazu entschlossen, das Preisgeld von 20.000 Euro zu splitten und an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowohl aus der Grundlagenforschung als auch der angewandten Wissenschaft zu vergeben.
Einer der Preise mit einem Fördergeld von 10.000 Euro ging an Nina Henriette Uhlenhaut, Professorin für Metabolic Programming (https://www1.ls.tum.de/metabolism/home/ ) an der Technischen Universität München (TUM) und ihre Kooperationspartnerin Sara Della Torre (Università degli Studi di Milano Statale). Sie befassen sich mit der „Linderung von Wechseljahresbeschwerden durch gezielte Ernährungsinterventionen“.
Freising als exzellenter Wissenschaftsstandort im Rampenlicht
Die Laudatio für die beiden Preisträgerinnen Prof. Nina Henriette Uhlenhaut und Dr. Sara Della Torre sprach Martin Klingenspor, Professor für Molekulare Ernährungsmedizin an der TUM: „Sie ehren zwei exzellente Wissenschaftlerinnen auf dem Gebiet der Stoffwechsel und Ernährungsforschung, die mit ihren wissenschaftlichen Arbeiten internationale Sichtbarkeit erreicht haben. Somit rückt auch die Stadt Freising als exzellenter Wissenschaftsstandort erneut ins Rampenlicht.“
Beide Wissenschaftlerinnen seien Expertinnen in der Erforschung der Leber als das zentrale Organ des Stoffwechsels. Die Leber erfülle zentrale Funktionen im Stoffwechsel der Fette, der Kohlenhydrate und der Proteine. Sie diene als Speicher für Mineralien (Eisen) und Vitamine (Vitamin D), sie arbeite als Hormondrüse (IGF-1, FGF21), sie reguliere unseren Säure-Basen-Haushalt, sie bilde Gallensäuren für die Fettverdauung, sie sei an der Immunabwehr beteiligt und unentbehrlich für die Entgiftung und Ausscheidung körpereigener und fremder Stoffe.
Einfluss der Ernährung auf den Stoffwechsel
Die beiden Forscherinnen beschäftigen sich mit dem Einfluss der Ernährung auf den Stoffwechsel der Leber, widmen sich dabei aber unterschiedlichen Fragestellungen. Dr. Della Torre erforscht die Wechselwirkung von Ernährung und Leberstoffwechsel mit einem Fokus auf geschlechtsspezifische Unterschiede. Prof. Uhlenhaut analysiert den Einfluss der Ernährung und Stresshormonen auf den Biorhythmus des Leberstoffwechsels mit systembiologischen Ansätzen.
„Dabei ergänzen sie sich perfekt in ihren methodischen Expertisen. Dr. Sella Torre ist eine ausgewiesene Biochemikerin und Physiologin, die die Rolle der Leber für die Fortpflanzung bei weiblichen Säugetieren analysiert. Prof. Uhlenhaut führt mit molekularen Methoden und bioinformatischen Analysen großer Datensätze die genomweite Vermessung von Genaktivitäten durch“, sagte der Laudator.
Zusammen sind sie enorm stark aufgestellt
Ausgangspunkt der erfolgreichen Forschungskooperation war die Beobachtung, dass bei Frauen die Menopause (Wechseljahre = Einstellung der Eierstockfunktion) mit erheblichen Stoffwechselveränderungen, Gewichtszunahme und einer erhöhten Anfälligkeit für eine Reihe von altersbedingten Krankheiten verbunden ist.
Die beiden Wissenschaftlerinnen sind der Arbeitshypothese nachgegangen, dass die Absenkung des Hormons Östrogen in der Menopause die Störung des Fettstoffwechsels auslöst. Die Leber als zentrales Stoffwechselorgan spielt bei Frauen für die ausgewogene Energieversorgung während der Pubertät, Schwangerschaft und Stillzeit eine entscheidende Rolle. „Zwar war der Zusammenhang zwischen Fett, Fitness und Fruchtbarkeit nicht neu, aber wie der Leberstoffwechsel entsprechend reguliert wird, war nicht bekannt. Ein Hinweis kam von dem Rezeptor“, sagte Klingenspor. „Jedes Hormon, so auch das Östrogen, wirkt nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip auf einen Rezeptor, der bei Aktivierung durch das Hormon dieses Signal in die Zelle weiterleitet. Und tatsächlich wird der Östrogen-Rezeptor in der Leber gebildet.“
Experimente zur Rolle des Östrogens in der Störung des Stoffwechsels
Auf dieser Grundlage haben die Forscherinnen in ihren Experimenten die Rolle des Östrogens in der Störung des Stoffwechsels untersucht. Dazu haben sie die Menopause in weiblichen Mäusen tierexperimentell herbeigeführt und durch diesen Eingriff die Östrogen-Spiegel im Blut gesenkt. Tatsächlich nahmen die Mäuse an Gewicht zu und entwickelten eine Fettleber. Mäuse, denen durch einen gentechnischen Trick der Östrogen-Rezeptor in der Leber fehlte, zeigten diese Stoffwechselstörung nicht.
„Aus anderen Studien war bekannt, dass essentielle Aminosäuren, ebenso wie Östrogen, den Östrogen-Rezeptor aktivieren können. In Fütterungsstudien gelang ihnen der Nachweis, dass der Einsatz von essentiellen Aminosäuren als Nahrungsergänzungsmittel die Gewichtszunahme und die Fetteinlagerung in der Leber reduzierte; allerdings nur in den wildtypischen Tieren, nicht in den Mäusen, denen der Östrogen Rezeptor in der Leber fehlte“, so Klingenspor. „Die Schlussfolgerung ist, dass essentielle Aminosäuren in der Nahrung durch Aktivierung des Östrogen-Rezeptors in der Leber die in der Menopause auftretende ungesunde Stoffwechselentgleisung zumindest reduzieren könnte.“
Nun sei die Frage zu beantworten, ob eine solche Ernährungsintervention nicht nur bei weiblichen Mäusen im Labor, sondern auch bei Frauen in der Menopause wirksam sein könnte. „Diese Translation zum Wohle und der Gesundheit des Menschen zu schaffen ist gleichzeitig Ansporn und Herausforderung in der Grundlagenforschung“, sagte Klingenspor.
Links:
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